Kurzfilmprogramm: Was kann Familie?

 
© The Blaze - Territory
 
 
Die Zeiten in denen es zwangsläufig eine Mutter, einen Vater und ein Kind brauchte, um sich als Familie zu begreifen, sind vorbei. Zwar ist diese Konstellation in Deutschland mit etwa 70 Prozent immer noch die mehrheitlich vertretene Familienform mit minderjährigen Kindern, doch unser Verständnis von Familie ist innerhalb der letzten Jahrzehnte weitaus diverser geworden. Alleinerziehende Eltern, gleichgeschlechtliche Ehen, Patchwork… – mittlerweile gibt es verschiedenste Konstellationen von familiären Gemeinschaften.

Alle haben sie eines gemeinsam: Sie fußen zumeist auf einem feinen Gleichgewicht zwischen Nähe und Distanz, welches empfindlich auf plötzliche, räumliche Veränderungen reagiert. Die Corona Pandemie führte uns dies noch einmal schonungslos vor Augen. Egal wie unsere Familienstrukturen aussahen, alle wurden und werden sie auf eine besondere Probe gestellt. Junge Erwachsene wohnen für Monate wieder in den elterlichen vier Wänden, in leeren Wohngemeinschaften und vollen Heimen wurden die Bewohner*innen entweder mit fehlender Privatsphäre, oder intensiver Einsamkeit konfrontiert. Partner*innen konnten sich nicht aus dem Weg gehen, Eltern und Kinder rangen um Arbeits- Spiel- und Freizeit. Es sind intensive Zeiten für jede Form von familiären Gefügen. Es braucht keine Pandemie, um zu wissen, dass Schmerz und Enttäuschung Teil dessen sind. Die Erfüllung von Grundbedürfnissen wie Geborgenheit, Liebe und Vertrauen sind es jedoch, die es zu gewinnen gibt.

Um sich familiär geborgen zu fühlen braucht es keine Blutsverwandtschaft, keine Ehe und keinen gemeinsamen Nachwuchs. Was es stattdessen braucht ist schwer zu definieren und von Beziehungen zu Beziehung unterschiedlich. Es gibt nicht viele Menschen, mit denen wir derart prägende Zeiten erleben. Mit solchen, mit denen wir dies jedoch tun, teilen wir Geschichten.
Einige davon sind Teil unseres Kurzfilmprogramms.
 
Kuratiert von Birgit Hauska und Simon Rupieper.
 
 

Die Filme des Programms:

 
Das satanische Dickicht 3 (D 2017, Willy Hans, 22')
Der erste Ferientag auf dem Campingplatz – und alles ist anstrengend: Mimi sucht Kontakt zu anderen Altersgenossen. Karl möchte mit dem Krokodil schwimmen, Papa hat Hunger und Mama hat die geschmierten Brote zuhause vergessen. Plötzlich ist Fernando, der kleine Hase des Platzwärters verschwunden.

Dcera (Daughter) (CZ 2019, Daria Kashcheeva, 14‘)
In einem Krankenzimmer erinnert sich die Tochter an einen schmerzhaften Moment aus ihrer Kindheit, als sie als kleines Mädchen versuchte, ihrem Vater ihre Erfahrungen mit einem verletzten Vogel mitzuteilen. Ein Missverständnis und eine verlorene Umarmung haben sich über Jahre bis ans Krankenbett hingezogen, bis zu dem Moment, in dem eine Fensterscheibe unter dem Aufprall eines kleinen Vogels zerbricht.

Bearing (CZ 2019, Daniela Hýbnerová, 1’30)
Eine kleine Allegorie auf das Leben mit Kind.

The Blaze – Territory: (FRA 2017, The Blaze, 5:30')
There's no place like my home. Im Musikvideo der in Paris lebenden Cousins Guillaume und Jonathan Alric zu ihrem Song "Territory" zeigen The Blaze einen französischen Migranten auf seiner Reise zurück in die algerische Heimat. Nach einer langen Zeit wieder in die alte Heimat zurückzukommen, alte Freunde und die Familie wiederzusehen, all das ist nicht immer einfach.

Ties (D/RUS 2019, Dina Velikovskaya, 7')
Die russisch-deutsche Filmemacherin Dina Velikovskaya erzählt in ihrer gezeichneten 3D-Animation von unauflösbaren Familienbanden: Eine junge Frau verlässt ihr Zuhause, um die Welt zu entdecken. Die Bindung zwischen Tochter und Eltern ist so stark, dass sich die Beziehung in einem gefährlichen Faden materialisiert.

Die Mitspeisenden (D 1989, Hermine Huntgeburth, 15')
Nach dem Tod der Mutter finden drei Geschwister in deren Wohnung erneut zueinander – und in die alten Rollenmuster der Kindheit zurück. Da spielt man Memory und zum Schokoladenpudding gibt es Eierlikör, weshalb die Regression eine fröhliche wird.

Ein Brief an meinen Vater (D 2014, Nikolai Meierjohann, 7')
Ein Film über die Scheidung der eigenen Eltern. Zurück bleiben die Kinder mit ihren Verletzungen und dem Schmerz. Der Filmemacher Nikolai Meierjohann sucht Jahre nach dem Weggang des Vaters die Gegenüberstellung und Auseinandersetzung mit ihm und letztendlich auch mit seiner eigenen Geschichte.

Mall (D 2019, Jerry Hoffmann, 7')
Ein Diebstahl mit Folgen: Als der introvertierte Didi dabei erwischt wird, wie er im Supermarkt heimlich eine Spielzeug-Meerjungfrau mitgehen lässt, weiß sein betont maskuliner Vater nicht, wie er damit umgehen soll.

In den Binsen (D 2020, Clara von Arnim, 6‘)
Früher Morgen im Bayrischen Wald. Christoph, furchtbar verkatert, krümmt sich neben seiner Mutter auf dem Hochsitz. Während sie einen Hirsch im Visier hat, versucht Christoph sich vor seiner Mutter zu outen.

Moonjourney (D 2016, Chiara Grabmayr, 2:30‘)
Social Spot über eine Familie auf der Flucht aus Syrien. Um seine Tochter vor den traumatischen Ereignissen der Reise zu schützen, spielt der Vater ein Spiel und überzeugt das Mädchen zu glauben, dass sie zum Mond reisen würden. Droht die Illusion am Ende zu platzen?