The Gallery and The Moving Image

Medien-Kunst-Markt: Der Handel mit dem bewegten Bild

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Dennis Hochköppeler, Alexander Koch, Ellen de Brujine und Olaf Stüber (v.l.n.r.)

Podiumsgespräch

Im Kontext der Kunstmesse Art Cologne widmete sich die Veranstaltung der Frage nach der Rolle der Galerien für die Produktion und Distribution des bewegten Bildes. Welche Funktion nehmen Galerien bei der Förderung von zeitbasierter Kunst ein? Wo wird das bewegte Bild im Galerienprogramm verortet? Welche Bedeutung hat diese Kunstform, auch in kommerzieller Hinsicht, für den Primärmarkt? Was können Medienkünstler tun, um erfolgreich eine Galerie zu finden?

Gäste:
Ellen de Brujine (Direktorin Ellen de Bruijne Projects, Amsterdam)
Dennis Hochköppeler (Direktor Galerie DREI, Köln)
Alexander Koch (Direktor KOW, Berlin)

Moderation:
Olaf Stüber, Berlin

Das Thema Videokunst und Markt wurde zwar bereits auf vielen Podien in unterschiedlichen Zusammensetzungen diskutiert, trotzdem ist es immer wieder wichtig und interessant, durch aktive Marktteilnehmer einen Einblick in gegenwärtige Entwicklungen zu erhalten. Insbesondere dann, wenn es sich, wie bei den Gästen, um wunderbar engagierte Akteure auf dem Kunstmarkt handelt und dabei ganz unterschiedliche Generationen vertreten sind.

Eine unserer Podiumsgäste war Ellen de Brujine aus Amsterdam. Sie gründete ihre Galerie Ellen de Bruijne Projects 1999 und setzte von Beginn an mit ihrem ausgesprochen ehrgeizigem und konsequentem Programm einen Schwerpunkt auf Performance und Video, sowie Kunst, die sich mit sozialen Themen auseinandersetzt. Ihre Galerie ist regelmäßig auf internationalen Messen vertreten, so auch wieder in diesem Jahr auf der Art Basel mit einem Statement-Stand.

Aus Berlin durften wir Alexander Koch, den Direktor der Galerie KOW, die er seit sechs Jahren sehr erfolgreich mit Nikolaus Oberhuber betreibt, begrüßen. Programmatisch positioniert sich die Galerie im Bereich der Konzeptkunst, insbesondere mit Bezug zu sozio-kulturellen Themen. In diesem Jahr setzt die Galerie einen programmatischen Fokus auf Film- und Videoarbeiten und zeigt u.a. Tobias Zielony und Hito Steyerl, die für den Deutschen Pavillon der 56. Venedigbiennale eingeladen sind.

Jüngste Galerie auf dem Podium bildete die Galerie Drei, die sich im Gegensatz zu den beiden erstgenannten Galerien nicht als Programmgalerie bezeichnet. Gemeinsam mit Jakob Pürling entstand die Galerie Drei vor zwei Jahren aus einem Projektraum heraus, die heute ihren Sitz in Köln hat. Die Galerie Drei zeigt insbesondere junge Künstler aus der „Digital Natives Genration“. Für sie sei es, so Hochköppler, selbstverständlich, über die Grenzen der Medien hinaus, das dem Kunstwerk angemessene Medium zu nutzen – auch Video. 

Moderiert wurde das Gespräch von Olaf Stüber aus Berlin. Von 2001 bis 2011 betrieb er selbst eine Galerie mit  Konzentration auf das Bewegtbild. Seit 2007 veranstaltet er die Reihe „Videoart at Midnight“, gibt eine Videokunstedition heraus und kuratierte in diesem Jahr u.a. die Retrospektiven von Isaac Julien und Lawrence Weiner im Rahmen der Videonale.15 im Kunstmuseum Bonn.

Vor der Podiumsdiskussion wurde sich in der Runde gemeinsam darauf geeinigt, obwohl die Rolle einer Galerie weitaus mehr umfasst als nur das Verkaufen von Kunst, insbesondere dem monetären Aspekt der Galerietätigkeit im gemeinsamen Gespräch Aufmerksamkeit zu schenken. Auch sollte der Begriff „Videokunst“ nicht weiter diskutiert werden - er stünde lediglich als pragmatischer Arbeitsbegriff für zeitbasierte Medien. Für keine der eingeladenen Galeristen sei die Form einer reinen Mediengalerie, die sich ausschließlich auf Videokunst spezialisiert, eine Option.

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Eröffnet wurde die Runde mit der Frage nach den Produktionskosten, die bei immer mehr Künstlern enorme Summen erreichen würden. Nicht das Equipment allein sei das teure, sondern der gesamte Produktionsaufwand würde bei einzelnen Künstlern hollywoodähnliche Ausmaße annehmen. Inwieweit ändert sich die Rolle der Galerie in diesem Zusammenhang? Der Zeitspanne zwischen der Investition in eine Produktion und dem Verkauf könne selbst bei etablierten Künstlern sehr lange sein, so dass dadurch eine Finanzierungslücke entstehe. Die Galerien, so die Antwort, hätten in den seltensten Fällen die Möglichkeit mit größeren finanziellen Mitteln einzuspringen. In der Regel kümmerten sich die Künstler bislang selbst um die Finanzierung. Die Rolle des Produzenten, wie wir sie aus dem Filmbusiness kennen, sei jedoch durchaus eine Zukunftsperspektive für Galerien. Zumal die Filmbranche, wie sich bei „Market Talks“ auf Filmfestivals, wie beispielsweise in Rotterdam, auf dem Kunstmarkt durchaus lukrative Potentiale witterten. Auch die Idee einer spezialisierten Bank oder einer Förderinstitution, die produktionsbezogene Kredite vergibt, wurde als sehr wünschenswert beurteilt.

Hinsichtlich der Frage nach dem Absatz von Videokunst, waren sich die Teilnehmer einig, dass das Medium Film/Video zu den selbstverständlichen Produktionsmittel zeitgenössischer Kunst gehöre und das weder institutionelle, wie auch private Sammlungen, nicht umhin kämen, sich auch für dieses Medium zu interessieren, wenn sie in ihren Sammlungen das gesamte Spektrum der Zeitgenössischen Kunst abbilden wollten. Man könne nicht behaupten, sich für zeitgenössische Kunst zu interessieren, wenn man Videokunst, aus welchen Gründen auch immer, ausklammere. Dazu entstünden zu viele herausragende Werke in diesem Bereich.

Die oft angebrachten Einwände hinsichtlich der Technikabhängigkeit und dem Problem durch den audiovisuellen Charakter von Videoarbeiten, ließen die Podiumsteilnehmer nicht gelten. Einerseits bestünden ähnliche Probleme bei anderen Medien zeitgenössischer Kunstproduktion und andererseits würde die Chance wichtige Arbeiten zu verpassen, das Risiko der Erhaltung um ein Vielfaches übertreffen. Außerdem wären diese Vorbehalte gegenüber dem Medium Video ohnehin im Begriff sich aufzulösen. Die jüngeren Generationen von Sammlern, hätten hingegen weitaus weniger Berührungsängste.

Beim Thema Messe als internationaler Marktplatz, kamen die Podiumsteilnehmer zum Schluss, dass die Teilnahme für eine Galerie, die ihre Künstler global etablieren möchte, unabdingbar sei. Einerseits erreiche man ein wesentlich größeres Publikum als in den eigenen Ausstellungsräumen, andererseits gäbe es einen Trend, dass viele wichtige und einflussreiche Sammler aus unterschiedlichsten Gründen nahezu ausschließlich auf Messen Arbeiten ankauften. Dieser Tatbestand macht es dem Bewegtbild jedoch nicht besonders leicht, sich durchzusetzen: Zum einen sei der Konkurrenzkampf unterschiedlicher Medien um den teuren Messeplatz sehr hoch, zum anderen sei die Aufmerksamkeitsspanne der Messebesucher sehr begrenzt. Die Tatsache, dass Videokunst vergleichsweise selten auf Messen zu sehen sei, dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass engagierte Galerien, um ihren Künstlern gerecht zu werden, regelmäßig versuchten auch den zeitbasierten Medien Raum auf der Messe zu geben.

Spezialmessen, wie beispielsweise die LOOP in Barcelona, die als erste Messe ausschließlich Videoarbeiten zeigte, wurden auf dem Podium kontrovers diskutiert. Videokunst solle besser im Gesamtkontext gezeigt werden. Den Modellen „Art Unlimited“ der Art Basel oder „Projections“ der Art Rotterdam, die im Rahmen einer regulären Messe abgesonderte Bereiche für Videokunst einrichten, wurden von den Teilnehmern als die zukunftsweisenden Modelle beurteilt.

Der Frage, ob die Herausforderungen, Videokunst auf Messen angemessen zu zeigen und zu rezipieren, vielleicht einen neuen/alten Typ von Sammler generieren würde, der wieder vermehrt in die Galerie ginge, um dort Ausstellungen in ihrer Gesamtkomplexität anzuschauen, wurde mit viel Hoffnung erwidert. Aktionen, wie das Berliner Gallery Weekend, könnten dabei durchaus Hilfestellung geben.

Der Sekundärmarkt und insbesondere der Auktionshandel, verheißt als potentieller Resale-Markt steigende Preise und Absatzmöglichkeit für Kunstwerke, von denen man sich als Sammler trennen möchte. Aber: das Video kommt dort, bis auf sehr wenige Ausnahmen, nicht vor und der Wiederverkauf von Videoarbeiten findet dort bislang nicht statt. Dies sei aber nur eine Frage der Zeit, waren sich die Podiumsteilnehmer einig. Bei der Fotografie habe es ja auch vergleichsweise lange gedauert, bis sie sich im Auktionshandel emanzipiert habe. Auch glaubten sie nicht, dass sich ein seriöser Sammler von der Nicht-Verkaufbarkeit eines Kunstwerks von einem Erwerb abhalten lasse.

Auch das Internet als Marktplatz würde sich weiterentwickeln. Zum einen, um Arbeiten sichtbar zu machen, aber auch in der Funktion als Kommunikationsplattform, hat es ohnehin schon eine zentrale Rolle in der Galeriearbeit eingenommen. Die Vorteile, die Vimeo und Co. bieten, würden die potentiellen Unwägbarkeiten hinsichtlich Missbrauchs spielend aufheben. Selbst Privatsammler hätten immer weniger Bedenken, wenn Künstler auch die von ihnen gekauften Werke ins Netz stellen würden.

Freitag, 17. April 2015, 12:00-13:00 Uhr, in englischer Sprache
Art Cologne Talks Lounge (Halle 11.3, B 69, Messeplatz 1, 50679 Köln)

 

Eine Veranstaltung der SK Stiftung Kultur und der Videonale

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